
Das Artemis-Programm der NASA ist das ambitionierte Raumfahrtprojekt, mit dem die Vereinigten Staaten nach über fünf Jahrzehnten wieder Menschen auf den Mond bringen wollen – diesmal mit dem erklärten Ziel, eine dauerhafte Präsenz aufzubauen. Nach dem erfolgreichen Abschluss von Artemis I im Jahr 2022, einem unbemannten Testflug des neuen „Space Launch System“ (SLS) und der „Orion“-Kapsel, steht nun die bemannte Phase des Programms im Mittelpunkt. Doch während das übergeordnete Ziel, eine nachhaltige Rückkehr zum Mond, weiterverfolgt wird, ist das Projekt inzwischen von Verzögerungen, technischen Herausforderungen und Budgetfragen geprägt.
Derzeit ist der nächste große Schritt Artemis II, die erste bemannte Mission des Programms. Vier Astronauten – darunter auch die erste Frau und die erste nicht-weiße Person, die den Mond umrunden wird – sollen in einem Mondorbit fliegen, ohne zu landen. Diese Mission wurde ursprünglich für 2024 angesetzt, wurde jedoch mehrfach verschoben, zuletzt auf frühestens September 2025. Grund für die Verzögerung sind anhaltende Tests an der Orion-Kapsel, insbesondere im Zusammenhang mit dem Hitzeschild, der beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre entscheidend ist. Bei Artemis I wurden unerwartete Schäden festgestellt, die nun genauer untersucht und behoben werden müssen.
Parallel dazu schreitet die Entwicklung von Artemis III voran – der ersten Landemission. Sie soll nicht nur Menschen zum Südpol des Mondes bringen, sondern auch auf neue technologische Partnerschaften setzen. Besonders hervorzuheben ist die Zusammenarbeit mit SpaceX, das mit seiner modifizierten Starship-Landeplattform den Mondlander stellt. Auch hier gibt es Verzögerungen. Die Entwicklung des Starship-Systems ist komplex, und obwohl es bereits mehrere Testflüge gab, ist die Technologie noch nicht für einen bemannten Einsatz auf dem Mond qualifiziert. Die Landemission wurde daher auf frühestens 2026 verschoben.
Ein zentraler Bestandteil des Programms ist der Aufbau von Infrastruktur im cislunaren Raum. Geplant ist unter anderem der Bau der Raumstation „Lunar Gateway“, die als Zwischenstation für Mondmissionen dienen soll. Auch diese wird international realisiert – unter Beteiligung von ESA, JAXA und der kanadischen Raumfahrtbehörde. Allerdings steht das Gateway-Projekt derzeit noch in einer frühen Entwicklungsphase. Der erste Modulstart wird nicht vor Ende der 2020er Jahre erwartet. Zudem ist die Frage offen, ob Artemis III bereits das Gateway einbeziehen wird oder ob die Mission noch direkt von der Erde zum Mond führt.
Die langfristige Vision der NASA sieht eine dauerhafte Präsenz auf dem Mond vor – mit Mondbasen, Forschungsstationen und Ressourcenabbau. Der Mond soll zur Startrampe für spätere Marsmissionen werden. Dabei betont die NASA den internationalen Charakter des Programms. Partnernationen aus Europa, Asien und Nordamerika tragen Module, Technologie oder Astronauten bei. In diesem Sinne wird Artemis oft als der „internationale Mondpakt“ verstanden – im Gegensatz zum früheren, rein US-zentrierten Apollo-Programm.
Doch trotz dieser ehrgeizigen Pläne ist das Artemis-Programm mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Neben technischen Problemen spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Die ursprüngliche Zielsetzung, bis 2024 wieder Menschen auf den Mond zu bringen, war ohnehin äußerst optimistisch und wurde inzwischen deutlich relativiert. Hinzu kommt eine Kostenproblematik: Die Ausgaben steigen stetig, allein der erste bemannte Flug kostet schätzungsweise mehrere Milliarden US-Dollar. Kritiker fordern daher eine stärkere Priorisierung und Effizienz innerhalb des Programms.
Nicht zuletzt muss sich Artemis auch gegen eine wachsende Konkurrenz behaupten. China verfolgt mit seinem Chang’e-Programm und der geplanten International Lunar Research Station ehrgeizige Ziele. Bis Ende der 2020er Jahre will die Volksrepublik ebenfalls Menschen zum Mond bringen – mit eigenen Trägerraketen, Landeeinheiten und eventuell sogar in Kooperation mit Russland.
Insgesamt geht es mit dem Artemis-Programm also weiter – aber langsamer und schwieriger als ursprünglich gedacht. Die technische Komplexität, die politischen und finanziellen Bedingungen sowie die internationale Dimension sorgen dafür, dass jede Mission ein eigenes Mammutprojekt darstellt. Dennoch bleibt Artemis das derzeit bedeutendste Mondprogramm der Welt – und ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer neuen Ära der bemannten Raumfahrt.